Ich bin Jack, der zauberhafte Kater.
Komm mit und begleite mich durch eine Welt
voller trauriger und schöner Erlebnisse.
Es war Frühling. Meine Lieblingsblumen blühten in voller Pracht und ich erfreute mich an dem süßen Duft, den sie hatten. Ich pflegte sie mit meinen magischen Kräften. Zum Dank schien es, als würden sie mich anlachen. Während ich mit meinen Gedanken träumte, da schlich sich eine Katze an und begrüßte mich. Sie sah alt und verstrubbelt aus.
"Du siehst so mitgenommen aus,
kann ich dir eine Tasse Zaubertee anbieten?", fragte ich sie.
Schnurrend bedankte sich die Katze und sie folgte mir in mein Baumhaus.
Dort fragte ich sie, was sie denn auf dem Herzen hatte.
Darauf begann sie, mir ihre Geschichte zu erzählen.
"Alles hatte angefangen, als ich noch klein war. Ich wurde in einem Nest voller Stroh geboren. Weit oben, welches nur über eine Leiter erreichbar war. Ich hörte meine Geschwister schnurren und fühlte ihre Wärme. Es war eine so schöne Zeit gewesen.
Ich habe diese Zeit sehr genossen. Was möchte man als kleines Kätzchen auch mehr,
als die Nähe und Geborgenheit."
"Was ist denn passiert? Das hört sich im Hintergrund so traurig an,
wie du es erzählst", bemerkte ich zwischendrin.
Die Katze erzählte langsam weiter.
"Ich weiß es selbst nicht so genau, ich war noch zu klein, um es genau zu wissen. Ich konnte noch nicht einmal laufen oder gar etwas sehen. Ich war hilflos. Ich konnte es nur spüren, dass ich mich plötzlich nicht mehr in diesem warmen Nest befand. Der Boden fühlte sich zwar weich, aber so unangenehm nass an. Ehe ich mich versah, fühlte es sich wieder warm an. Ich begann zu piepen und rief nach meiner Mutter und meinen Geschwistern, doch ich konnte sie nicht spüren. Ich fühlte mich einsam und hatte Angst. Doch was sollte ich nur tun?"
Ich hörte ihr gespannt zu, wie die Geschichte weitergehen würde.
"Ich weiß es nicht, wie viel Zeit vergangen war, als ich das erste Mal meine Augen geöffnet habe. Ich weiß nur, dass ich die ganze Zeit über das Gefühl hatte, dass da jemand war und sich um mich gekümmert hatte. Ich dachte immer, dies sei meine Mutter, doch sie sah ich nie wieder, ebenso wie meine Geschwister. Ich wurde von einem Menschen großgezogen und gepflegt. Man schenkte mir die Liebe, die mir fehlte und ich fühlte mich zu diesem Menschen hingezogen. Kein Wunder, ich lernte nichts anderes kennen, außer diesen gemütlichen Sessel und diese Wärme, die in unmittelbarer Nähe war.
Doch es sollte alles anders kommen."
Die Katze machte eine Pause und trank ein Schluck von dem Tee, welcher sie innerlich erwärmte. Zumindest spürte ich, dass es so sein musste, weil ihre Stimme auf einmal trotz dieser traurigen Geschichte nicht mehr so schwach wirkte. Meine Magie schien zu wirken. Sie hatte bereits Schlimmes erlebt. Sie hatte ihre Familie verloren. Vermutlich eine Sache, die durch Menschenhand entstanden war.
"Eines Tages blieb ich sehr lange alleine. Ich dachte schon, dass irgendwas nicht stimmte - und mit meinem Gefühl behielt ich recht. Anstelle meines geliebten Menschen kamen plötzlich Leute, die nicht nur seltsam rochen, sondern mich auch verjagten. Sie schmissen sogar mit Schuhen nach mir. Mir blieb nichts anderes übrig. Ich musste mir ein neues Zuhause suchen, welches ich nie mehr fand. Ich vermisste meinen geliebten Menschen, aber ich lernte, dass nicht alle so waren wie er. Ich begann, mich zu verkriechen und war unglücklich. Ich dachte sogar darüber nach, dass dieses Leben ein Ende nehmen sollte. So wollte ich nicht mehr leben. Meine Trauer war jeden Tag da und so verbrachte ich viele Tage in einem anderen Versteck - bis heute."
Es kam für sie sogar noch schlimmer. Zwar fand sich erst jemand, der sich um sie kümmerte, als sie noch ein kleines hilfloses Kätzchen war, doch nach einigen Jahren verstarb dieser Mensch vermutlich. Sie gab es nicht auf und wollte ihn wiederfinden - bis heute. Trotz dieser schlechten Erfahrung, die sie nun mit anderen Menschen machen musste.
Ein Gedanke kam mir da.
"Wie hast du mich gefunden?", stellte ich etwas voreilig die Frage.
Die Katze räusperte sich.
"Müsste ich nicht dir die Frage stellen?"
Da wachte ich wieder aus meinen Gedanken auf.
"Du bist zu mir gekommen, weil du einsam bist und etwas brauchst,
was dich glücklich macht. Komm mit."
Mir fiel sofort ein, was ich der Katze zeigen könnte. Sie vermisste das Gefühl, wieder für jemanden da zu sein, wieder eine Aufgabe in ihrem Leben zu haben - wieder geliebt zu werden.
So verließen wir mein Baumhaus und gingen an den Ort,
der mir sagte, dass er der richtige war.
"Schau, wie schön dieser Anblick doch ist."
Die Katze sagte erst kein Wort und atmete die Luft ein. Ich spürte jedoch,
wie sie jeden Atemzug genoss.
"Das ist ein herzerwärmender Anblick", sagte die Katze mit einem Leuchten in den Augen, als wir vor einem Tulpenfeld standen, wo kleine Kätzchen spielten und Schmetterlinge fingen. Es dauerte nicht lange, da kam eine sogar an. Ich schnurrte und das Kätzchen schnurrte ebenso.
Das Glück erwachte nun für die eben noch so traurige und alte Katze.
"Wenn man alt wird, dann kann man viel erzählen, aber nicht mehr so viel tun, wie noch vor einigen Jahren. Es gibt jedoch kein besseres Elixier, als die Jungen beim Entdecken der Welt zu beobachten und dabei die Schönheit der Natur zu genießen. So ein Glück, würden sie zu dir sagen, dass sie dich haben und von dir lernen können", flüsterte ich.
🎈
Seit diesem Tage an, war die Katze nicht mehr alleine
und sie wurde sogar noch sehr viel älter, als gedacht.
Was sie eigentlich schon längst aufgegeben hatte.
War es ein Wunder, war es Schicksal?
Es war für ihre Stärke, für ihr Herz, das ihr den Weg wies, zu jemandem,
der sie beglücken sollte. Innerlich wollte sie nicht aufgeben.
Nun fühlte sie sich jünger als zuvor. Woran lag das nur?
Es war die Hoffnung, die sie hatte. Die Hoffnung, die sie bestärkte.
Die Hoffnung, niemals aufzugeben.
Das Leben geht weiter. Auch eine schöne Zeit wird eines Tages wiederkommen.
Ein schöner Tag im Sommer, nicht zu heiß im Schatten und angenehm.
Ich befand mich auf meinem Baumhaus und lauschte dem Summen der Bienen, welche die Stimmung der Sonne besonders hervorhoben. Ich mochte die Bienen.
Dieses Summen hatte etwas Beruhigendes an sich.
Doch dieses Summen wurde unterbrochen - zumindest piepste etwas dazwischen.
Ich sah mich um und konnte ein kleines Küken entdecken.
"Wo kommst du denn her, du kleines Kuschelbällchen? Du siehst so traurig aus. Komm doch rein zu mir und trinke eine Tasse Zaubertee, der wird dir helfen."
Piepend bedankte sich das Küken und es folgte mir in mein Baumhaus.
Dort fragte ich es, was es denn auf dem Herzen hatte.
Darauf begann es, mir seine Geschichte zu erzählen.
"Ich fühle mich so traurig und einsam und weiß nicht warum. Ich werde von den anderen Küken geärgert, weil ich so klein bin und so vieles nicht kann.
Ich kann nicht so hochhüpfen wie sie, ich kann nicht so viele Körner aufsammeln, wie sie. Ich bin so anders, sagen sie zu mir. Dabei war mein Leben doch anfangs noch so schön.
Ich bin in einem weichen Nest aus Stroh aufgewachsen und piepste fröhlich mit den anderen mit. Bis es eines Tages nicht mehr so war."
"Was ist denn passiert? Erzähle es mir. Vielleicht kann ich dir helfen,
deine Sorgen zu vergessen", bemerkte ich zwischendrin.
Das Küken erzählte langsam weiter.
"Während die anderen Küken immer größer wurden, bis sie eines Tages zu kleinen Hühnern heranwuchsen, blieb ich klein und sie ließen mich einfach nicht mehr rein. Selbst meine Mutter meinte, dass ich viel zu klein bin und etwas nicht stimmte, ich solle mir doch ein anderes Zuhause suchen. Ich gehöre nicht zu ihnen. Ich fragte mich, wie das sein konnte, weil ich doch genauso aus einem Ei geschlüpft war, wie die anderen und von klein auf mit ihnen zusammen war, doch irgendetwas schien an mir anders zu sein."
Ich hörte ihm gespannt zu, wie die Geschichte weitergehen würde.
"Ich wusste nicht, wie ich aussah. Wie sollte ich mich denn sehen? Selbst in einer Pfütze erkannte ich mich nur als verschwommenes Kuscheliges etwas. War ich denn kein Küken und doch nicht aus einem Ei geschlüpft, dass man mich nicht mochte? Genau wusste ich es nicht. Ich konnte mich nur in Teilen daran erinnern. Aber dennoch war ich mir sicher, aus einem Ei geschlüpft zu sein. Innerlich gab es etwas, das mir sagte, dass es so gewesen war.
Ich entschied mich, diesen Ort zu verlassen. Wo ich hingehen wollte, wusste ich nicht.
Ich ließ mich einfach von meinen Füßchen tragen, wo sie mich hinführen würden.
Schließlich landete ich hier bei den Bienen.
Zugegeben, mir ging es hier besser, das Summen der Bienen stimmte mich fröhlich, doch irgendwie fehlte mir etwas, was ich bis heute nicht weiß, was es eigentlich ist, was mir doch fehlt."
Es fühlt sich fehl am Platz. Anfangs wurde es geliebt und bekam die Nähe, um aufwachsen zu können. Doch je mehr Zeit verging und je mehr es heranwuchs, desto mehr entwickelte sich bei den anderen das Gefühl, dass es nicht zu ihnen passte - weil es anders aussah, als sie und auch anders war. Sie dachten deswegen, dass sie es verjagen müssten,
weil es nicht eines von ihnen war.
"Die Tage vergingen und ich vergaß fast mit der Zeit immer mehr den Ort, an dem ich eigentlich großgeworden war. Ich überlegte sogar, wieder dorthin zurückzukehren. Aber was würde geschehen? Sie würden mich wieder verjagen oder mich vielleicht gar nicht erst wiedererkennen. So entdeckte ich neben den Bienen auch eine herrliche Sonnenblume,
die dort wuchs und mich verzauberte."
Ein Gedanke kam mir da.
"Lass uns zu der Sonnenblume gehen. Ich möchte sie mir ansehen",
sagte ich zu ihm und machte mich schon auf den Weg.
So verließen wir mein Baumhaus und gingen zu der einzelnen Sonnenblume,
welche inmitten des Feldes nahezu erstrahlte.
Das Küken sagte erst kein Wort, doch ich sah, dass es für einen Moment die Augen geschlossen hatte und diesen Moment genoss.
Diese Blume schien etwas Besonderes für es zu sein.
"Das tut so gut. Wenn ich sie mir ansehe, dann kann ich entspannen und bin glücklich. Auch die Bienen haben mich nie verjagt. Ich war einfach hier und darf auch bis heute hierbleiben. Aber-"
"Da gibt es doch gar kein Aber", sagte ich dazwischen.
"Du hast es doch eben selbst gesagt, dass du glücklich bist."
In diesem Moment kam ein kleines Bienchen angeflogen und ich sprach zu dem Küken:
"Du magst für manchen nicht gemocht sein, weil du nicht so bist wie sie. Dabei sind es die anderen, die sich nicht richtig verhalten. Vielleicht ist es Neid, vielleicht ist es Abneigung. Man weiß es nicht, weil sie es uns nicht ehrlich sagen. Umso schlimmer ist es, wenn es von Anfang an so war und man plötzlich so enttäuscht wird, weil es unehrlich war. Doch manchmal sind es genau die, von denen du nie erwartet hättest, dass sie dich mögen würden und du jemals ein Freund von ihnen werden würdest.
Die Biene landete sanft auf seinem Kopf und kitzelte es,
sodass es lachte und die Freude wieder in seinen Augen erwachte.
"Wenn sie sprechen könnte, würde sie zu dir sagen, dass sie dich sehr gerne hat, dass du von ihr geliebt wirst, dass sie möchte, dass du glücklich bist.
Ist das nicht ein schönes Gefühl?"
❣️
Seit diesem Tage an, war das kleine Küken wieder glücklich und es verdrängte die schlechten Erinnerungen an die unerfreuliche Vergangenheit.
War es ein Wunder, war es Schicksal?
Es sollte so sein, weil das Küken dort nicht hingehörte, weil es diese Art von unvollkommener Liebe nicht verdient hatte. Auch wenn es im Herzen wusste, dass es dort einmal geliebt wurde.
Doch das Küken schaffte es, wieder einen Ort zu finden, an dem es geliebt wurde.
Das Leben steckt voller Wunder und Überraschungen - fühlst du dich, als würdest du nicht zur Gemeinschaft dazugehören, so gebe nicht auf - du bist nur in der verkehrten Gemeinschaft, nicht dort, wo du hingehörst.
Es war Herbst. Wie schön es doch war, die Sonnenstrahlen zu genießen, die zwischen den bunten Blättern leuchteten und diese Jahreszeit verwandelten. Ich sah, wie ein nahezu goldenes Blatt herunterfiel und auf dem Dach meines Baumhauses landete.
Nanu, waren da etwa zwei Blätter gefallen? Ich sah genau hin und erkannte, dass dort neben dem Blatt ein Vogel mit violettem Federkleid gelandet war.
"Ruhst du dich auf meinem Dach nur aus oder genießt du auch den Anblick der prachtvollen Blätter, die nun vom Baum fallen?", fragte ich den Vogel.
Dieser seufzte und schien etwas traurig zu sein.
"Vielleicht kannst du mir helfen."
Mit diesen Worten flatterte er vorsichtig zu mir.
"Natürlich. Wo ich kann, da helfe ich gerne.
Kann ich dir eine Tasse Zaubertee anbieten? Der wird dir guttun", sagte ich.
Der Vogel nahm das Angebot an und folgte mir hinein.
Dort begann er, mir seine Geschichte zu erzählen.
"Weißt du, viele denken immer, das Leben als ein Vogel ist leicht. Man kann die Welt von oben beobachten und alles etwas anders sehen, als wäre man auf dem Boden. Aber auch wir Vögel haben ein Leben. Ein Leben, wie es andere Tiere haben. Auch wir haben Freunde und Feinde und auch Dinge, die wir lieben. Doch ich glaube,
ich habe dieses schöne Gefühl der Liebe verloren."
"Was ist denn passiert, dass du denkst, dass es so ist?", wollte ich wissen.
Der Vogel machte weiter mit seiner Geschichte.
"Vor vielen Monaten lernte ich sie kennen. Sie saß auf dem Ast einer Birke und zwitscherte ein schönes Lied vor sich hin. Ihre Stimme klang so schön, da sagte mir mein Gefühl, dass ich zu ihr fliegen sollte und nichts hinderte mich daran. Sie war sehr erfreut, als ich ihr dieses Kompliment überbrachte und sie zeigte mir, wo sie wohnte. Ihr Nest befand sich bei diesem Baum, wo sie wohl jeden Morgen nach draußen ging und ein Lied zwitscherte,
um jemanden fröhlich zu stimmen.
Seit diesem Tage an, trafen wir uns täglich und es kam dazu, dass wir uns ineinander verliebten. Ich blieb oft über Nacht bei ihr und wir erlebten die verschiedensten Dinge. Wie sich die Menschenkinder zum Beispiel an uns erfreuten und uns zuwinkten."
Ich hörte ihm gespannt zu, wie die Geschichte weiterging.
"Die Tage hätten schöner nicht sein können. Bis wir eines Morgens erwachten und lauten Krach hörten. Dieser Krach wurde zu einem Zittern und wir spürten, wie der Baum bebte. Ich steckte meinen Kopf nach draußen, um zu sehen, was dort los war und mit Entsetzen stellte ich fest, dass dort ein Mensch war und bereits ein großes Loch in den Baum gemacht hatte. Darauf verließen wir eilig diesen Baum, welcher bereits wenige Stunden später verschwunden war. Meine Freundin konnte diesen Anblick nicht ertragen und sie litt sehr darunter. Wir fanden ein neues Zuhause, doch sie lebte mit der Angst und der Trauer. So entschloss sie sich, eine Reise zu einem anderen Ort zu machen, um dieses Erlebnis zu vergessen. Ich versuchte sie zu überreden, doch sie blieb bei ihrer Entscheidung."
Menschen können Unheil anrichten. Wenn sie denken, dass es nur für sie zum Vorteil ist, so leidet ein anderer darunter. Das Liebesleben der beiden Vögel schien frei und unbeschwerlich gewesen zu sein. Während er es hingenommen hatte, war es für sie ein schwerer Verlust, weshalb sie nicht mehr dort leben konnte. Er vermisste sie sehr und glaubte, dass sein Glück davongeflogen war.
"Die Tage ohne sie fühlten sich so leer an. Ich blieb weiterhin in dem Baum wohnen, doch nun ließ mich die Trauer nicht los. Ich wollte nicht von hier weg. Mein Herz sagt mir, dass hier meine Heimat ist und ich diese Heimat nicht aufgeben sollte. Aber was ist, wenn ich diesen Schmerz niemals überwinden kann? Wenn auch ich eines Tages so denke, wie sie und nur die Flucht vor der Vergangenheit als Ausweg sehe?"
Der Ort, zu dem man sich hingezogen fühlt, ist der Ort, an dem man glücklich sein kann. Auch dort gibt es Tage, wo nicht alles so ist, wie man es sich vorstellt. Er hat die Freude verloren und mit ihr die Abenteuerlust.
Da kam mir der Gedanke, was ihm helfen würde.
"Komm mit mir mit. Ich zeige dir etwas", sagte ich zu ihm.
So verließen wir mein Baumhaus, aber weiter als bis zu der Stelle, als wir uns begegnet waren, führte ich den Vogel nicht. Etwas irritiert schaute er mich an.
"Hörst du das?", sagte ich zu ihm und machte ihn auf das Gezwitscher aufmerksam.
"Du konntest es zuvor nicht wahrnehmen. Vielleicht wolltest du es nicht wahrnehmen, weil du geglaubt hattest, dass dein Herz nur zu ihr gehört. So hast du in dich getrauert und jeden Tag nur an sie gedacht. Du hast damit begonnen, deine Umwelt nicht mehr wahrzunehmen und es zu vergessen, dass es auch noch andere Vögelchen gibt."
Der Vogel sah auf und lauschte dem Gesang.
"Du hast Recht. Ich hatte mich aufgegeben und das sollte ich nicht."
"Die schöne Zeit, die du einmal hattest, wird nie wiederkommen. Aber die Erinnerungen daran, die wird dir niemand nehmen. Du solltest an diese denken und dann hast du etwas, was dich bestärkt und dir sagt, wie schön das Leben eigentlich ist."
Mit diesen Worten sah ich ihm hinterher, wie er zu einem Baum flog, wo ein anderer Vogel saß und fröhlich zwitscherte.
🍀
Seit diesem Tage an, war der Vogel wieder glücklich.
Er fand seine neue Liebe und lebte fortan weiter in seiner vertrauten Umgebung.
Was ihm der Vergangenheit noch blieb,
waren die schönen Erinnerungen an die Zeit, die ihn heute fröhlich stimmten.
Manchmal ist es so, dass die Tage nicht schön sind und dass etwas passiert, was hätte nie passieren dürfen. Doch man sollte versuchen,
sich nicht aufzugeben und die Lust daran zu verlieren.
Auch nach einem schrecklichen Ereignis gibt es wieder ein Ereignis, was man nie mehr vergessen möchte und was wieder unendliche Gefühle der Freude und des Glücks bringt.
Die kalte Jahreszeit hatte begonnen. Damit für mich auch die Zeit, wieder länger in meinem Baumhaus zu bleiben und mich um die Dekorationen zu kümmern. Ich mochte es sehr, wenn es nach Zimt roch und der Geruch von einer schönen Beleuchtung noch mehr verschönert wurde – und nicht zu vergessen, den Weihnachtsbaum. Da konnte ich mich immer nicht entscheiden, welche Kugeln ich nehmen sollte. Die Vorweihnachtszeit war für mich eine schöne Zeit.
So stand ich nun vor dem Baum und wollte die letzte Kugel aufhängen,
da hörte ich, wie es an meiner Tür klopfte.
Wer konnte das nur sein? Bis Weihnachten waren es noch einige Tage. Ich öffnete die Tür und sah mit Erstaunen eine Igelin vor mir stehen.
„Es ist selten, dass ich kurz vor Weihnachten Besuch bekomme, wo doch fast jeder mit den Vorbereitungen beschäftigt ist. Aber ich sehe dir an, dass du etwas auf dem Herzen hast.“
Die Igelin sah kurz auf, doch sie brachte kein Wort hervor.
"Wo ich kann, da helfe ich gerne. Kann ich dir eine Tasse Zaubertee anbieten?
Der wird dir guttun", sagte ich.
Die Igelin nickte, nahm das Angebot an und folgte mir hinein.
Doch sie schaffte es noch nicht, mir etwas zu erzählen. Sie wirkte sehr traurig.
„Trinke etwas von dem Tee, dann fühlst du dich besser
und ich kann dir vielleicht auch helfen.“
Es dauerte einen Moment, bis sie das tat,
doch kurz danach begann sie, mir ihre Geschichte zu erzählen.
„Weißt du, ich weiß nicht mehr weiter. Ich habe vor einiger Zeit drei Igelchen zur Welt gebracht. Eines entwickelte sich schnell, war groß, stark und mutig. Doch eines Tages kam es nicht mehr nach Hause. Man erzählte mir, dass es ganz platt war und von einem Menschen weggeräumt wurde. Das war schon schlimm genug für mich. So etwas kannte ich bis dahin noch nicht. Mein zweites Igelchen war schlau und flink, es wusste immer über alle Bescheid. Auch ihm war ein Unheil widerfahren. Er wanderte öfter an einem Haus entlang, wo auch ein Hund wohnte, weil es dort leckere Futterreste zu finden gab. Ich sagte zu ihm, er soll dort nicht mehr hingehen und eines Tages geschah es dann, dass auch er nicht mehr nach Hause kam.“
„Was ist mit dem dritten Igelchen geschehen?“, wollte ich wissen.
Die Igelin holte Luft und machte langsam weiter.
„Das dritte Igelchen ist klein und etwas langsam. Es schafft längst nicht das, was mein großes Igelchen tragen konnte und so manch ein Opa Igel ist schneller als er.
Eines Tages hat er zu mir gesagt, dass er genauso mutig und stark sein möchte wie sein großer Bruder. So machte er sich auf eine Reise.
Ich wollte ihn daran hindern, doch er hörte nicht auf mich.“
Ich hörte ihr gespannt zu, wie die Geschichte weiterging.
„Wir waren eine tolle Familie. Ich hatte noch vergessen zu sagen, dass der Igel Papa ein großes Vorbild für alle drei war. Er war groß, schlau, aber trotzdem etwas langsam. Eines Tages passierte auch ihm ein Unheil, wenn auch etwas anders, als bei den beiden Jungen. Er war auf der Suche nach Nahrung für uns und es war ein heißer Sommertag. Sehr heiß, man konnte nicht mal das geschützte Nest für längere Zeit verlassen. Doch der Papa hatte schon so einige Dinge geschafft, so hat er den Hund, wo es dieses leckere Futter gab, immer gut ausgetrickst und auch den Autos, die gefährlich waren, konnte er flink genug ausweichen. Selbst ich hätte nicht geglaubt, dass ausgerechnet diese Reise seine letzte war. Er hatte sich überschätzt und die Hitze war ihm zu viel geworden. Daher habe ich nun Angst, mein letztes Familienmitglied auch noch zu verlieren.“
Manchmal scheint das Schicksal es nicht gut zu wollen und ungeahnte Dinge nehmen ihren Lauf. Seien es Mut und Stärke oder Intelligenz und Schnelligkeit, welche dann doch überschätzt wurden, weil es zuvor doch immer geklappt hatte und nun auf einmal nicht mehr. Das ist dann der größte Schreck, den man haben kann.
„Seitdem mein letztes Igelchen weg ist, bin ich nur noch traurig. Nichts ist mehr, wie es war. Ich habe den Glauben daran verloren, dass es wiederkommen wird. Es sind zuvor schon genügend Dinge geschehen. Noch dazu ist das Igelchen klein und schwach. Wie soll es das nur schaffen?“
Sie glaubt nicht an es. Wo sie zuvor noch an Dinge geglaubt hatte, ist der Glauben nun verschwunden. Es spielt sich in ihrem Kopf so ab, dass das Igelchen wohl verschwunden sein wird. Dabei ist dem noch längst nicht so.
Da kam mir ein Gedanke, was ihr helfen könnte.
„Komm mit mir mit. Ich möchte dir meinen Weihnachtsbaum zeigen.
Er sieht schön aus“, sagte ich zu ihr.
So führte ich sie dorthin und das erste Mal erkannte ich, wie sich ihre Anspannung löste und sie den Anblick der bunten Kugeln und Farben genoss.
„Weihnachten ist ein schönes Fest. Doch am Schönsten ist es für die Jungen. Sie sehen es aus ganz anderen Augen und haben den Glauben daran. Den Glauben an eine schöne Welt, wo alles friedlich ist und man weiß, wohin man gehen kann, wenn man traurig ist. Werden sie dann groß, treten sie in die eigenen Fußstapfen und möchten etwas erleben. Selbst wenn sie wissen, dass einige Dinge damals nur der Fantasie entsprachen, so haben sie nicht den Glauben daran verloren. Den Glauben daran, immer für die Mama da zu sein, auch wenn so manches unerreichbar erscheint.“
In diesem Moment klopfte es erneut an der Tür.
„Geh du zur Tür und glaube daran“, flüsterte ich zu ihr.
Etwas zögerlich sah die Igelin mich an, doch sie ging flott zur Tür.
Kurz darauf brach sie in Tränen aus.
„Mein Igelchen. Ich habe dich so vermisst und geglaubt, dass es dich nicht mehr gäbe.“
„Aber Mama, ist doch alles gut. Ich bin doch nur auf einer Reise gewesen, genau wie es Papa immer war. Ich war nur kurz weg und nicht für immer.“
🔔
Die Igelin wurde wieder fast so glücklich, wie sie es einmal war. Sie lernte sogar jemanden kennen und bekam wieder Junge. Seit diesem Erlebnis, hatte sie wieder den Glauben gefunden – den Glauben, dass Dinge geschehen können oder auch nicht. Auch als mal ein Missgeschick passierte, so sah sie drüber weg. Das Leben war noch lang und man sollte immer fest an die Dinge glauben, die man gerne hat und man nie verlieren möchte. So sollte man auch nach vielen Tiefschlägen wieder aufstehen und nicht in ewiger Trauer leben.
Eines Tages geschieht ein Wunder. Man sollte auch nie vergessen:
die Kindheit ist die schönste Zeit voller Glauben und Freude.
Der Frühling war wieder da. Wie schön es doch war, wieder die Natur dabei zu beobachten, wie sie zum Leben erwachte. Ich hatte an meinem Baumhaus nun einen kleinen Topf voller Margeriten, um die ich mich kümmerte und ich erfreute mich daran, wie die Schmetterlinge zu den Blumen flogen. Da kam sogar einer und kitzelte mich auf der Nase.
Was für ein schöner Tag! Ich träumte dahin, wie es doch wäre, so wie ein Schmetterling durch die Lüfte zu fliegen, da spürte ich auf einmal, wie mein Baumhaus bebte.
War das ein Erdbeben? Vorsichtig ging ich etwas weiter nach vorne,
um zu sehen, wo es herkam.
Da stand tatsächlich ein kleines Pony vor meinem Baumhaus. Doch, was wollte es nur?
„Hallo!“, rief ich ihm von oben aus zu.
Das Pony musste gewusst haben, dass ich hier oben wohnte,
denn es schaute sofort nach oben.
„Hallo du, ich wollte nicht stören, aber ich fühle mich seit einigen Tagen nicht mehr gut. Ich kann auch nichts mehr essen. Nicht einmal mehr einen leckeren Apfel kann ich knabbern. Vielleicht kannst du mir helfen.“
Ich überlegte kurz, was ich machen konnte. Das Pony war zu groß und so konnte es auch nicht in mein Baumhaus kommen.
„Warte kurz, ich komme zu dir“, sagte ich und ging darauf schnell in mein Baumhaus,
um dem Pony eine Tasse Zaubertee mitzunehmen.
Danach hüpfte ich Stufe für Stufe nach unten, bis ich vor ihm stand.
„Trinke doch erstmal einen Zaubertee, der wird dir guttun.“
Das Pony bedankte sich, trank einen Schluck und begann darauf auch, mir seine Geschichte zu erzählen.
„Das Leben als ein Pony kann so unbeschwerlich und frei sein und auch wenn es Menschen gibt, die auf uns reiten oder uns eine Kutsche ziehen lassen, kann es uns Spaß machen.
Es ist eine Abwechslung, als immer nur auf der Weide zu stehen und an frischem Gras zu knabbern. Ich hatte einen lieben Freund. Mit ihm konnte ich das besonders genießen.
Ich weiß noch, wie oft wie kleine Rennen veranstaltet hatten. Da hatte er sich so viel Mühe gegeben, doch nie hatte er gewonnen. Er war nicht so schnell, wie die anderen und das schien den Menschen nicht zu gefallen.“
Ich hörte ihm gespannt zu, wie die Geschichte weiterging.
„Eines Tages, als ich nach einem schönen Ausritt in der Natur auf die Weide gelassen wurde, da bemerkte ich, dass er nicht da war. Gut, vielleicht waren die Menschen noch auf einer Kutschfahrt mit ihm unterwegs. Weil er beim Reiten so langsam war, so musste er öfter eine Kutsche ziehen, doch ihm machte das nichts aus. Er hatte seinen Spaß dabei.
Ich wartete und wartete, dass er kommen würde. Erst als es Abend wurde, da war mir klar, dass er nicht kommen würde. Als ich wieder in meinen Stall gebracht wurde, da entdeckte ich ein fremdes Pony, welches ich noch nie gesehen hatte. Es stand alleine auf einer abgezäunten Fläche und wirkte ängstlich. Am nächsten Tag stand es dann auch auf meiner Weide, doch es wurde von meiner Herde nicht gemocht, sie griffen es an und so musste es meist alleine am Gras zupfen. Die anderen sind viel größer, deshalb wurde ich auch von ihnen nicht so sehr gemocht. Doch ich hatte mich daran gewöhnt. Da mein Freund aber nun nicht mehr da war, so schmeckte mir das Gras auch nicht mehr so.“
Das Pony hatte eine tiefe Freundschaft mit dem anderen Pony geschlossen, welches nun jedoch bei anderen Menschen wohnte. Es vermisste das Gefühl, dass da jemand war, der einem zuhörte. Es glaubte, dass es nun keine so schönen Stunden mehr auf der Weide verbringen konnte.
Mir kam da eine Idee.
„Würdest du mir das neue Pony zeigen?“, fragte ich.
„Natürlich. Setz dich auf meinen Rücken und ich bringe dich da hin“, antwortete es.
Was war das für ein wundervolles Gefühl auf dem Pony zu sitzen. Es fühlte sich für mich an, wie Fliegen. In diesem Moment war ich sehr glücklich.
Denn da hatte auch ich etwas kennengelernt, was ich zuvor nicht kannte.
Schon bald erreichten wir die Weide und ich sah das Pony alleine in einer Ecke stehen.
Es schien nicht zu grasen. Wir gingen gemeinsam zu ihm und ich begrüßte es.
„Hallo, du bist neu hier und fühlst dich einsam,
weil die anderen so groß sind und nicht mit dir spielen möchten, nicht wahr?“
Das Pony grüßte mich zurück, doch es schien erstaunt und sagte keine weiteren Worte.
„Ich möchte dir jemanden vorstellen.“
Mit diesen Worten hüpfte ich von dem Pony herunter.
„Das ist Benny. Sein Freund, mit dem er vor kurzem noch hier auf der Weide stand, ist nun nicht mehr da und auch er fühlt sich alleine genau wie du. Vielleicht wollt ihr beide mir einmal zeigen, wie schnell ihr galoppieren könnt?“
Diese Worte waren eine Aufforderung. Ehe ich mich versah, da starteten die beiden.
Die Erde schien unter mir zu beben und ich erkannte, dass sie ihren Spaß dabeihatten.
Sie kamen darauf zu mir zurück.
„Ich danke dir, verzauberter Kater. Ich habe wieder jemanden, mit dem ich spielen kann und ich kann mich nun auch wieder über knackige Äpfel freuen“, bedankte sich Benny.
Auch sein Freund sprach mir seinen Dank aus:
„Weißt du, ich bin sehr schüchtern und ich traue mich einfach nicht auf andere zu.
Ich bin so froh, dass du mir geholfen hattest.
Alleine sein ist nicht schön, dann ist man so traurig.“
Ich schnurrte. „Habt eine schöne Zeit ihr beiden.“
Mein Zauber hatte wieder einmal gewirkt und ich war glücklich.
🦋
Die Ponys wurden die besten Freunde – nichts und niemand konnte sie voneinander trennen. Selbst wenn die Pferde kamen und versuchten, sie zu ärgern, so ließen sie sich davon nicht beeindrucken. Die beiden waren stark und mutig.
Manchmal ist es so, dass ein guter Freund gehen muss und einen großen Schmerz hinterlässt. Dann leidet der, der zurückbleibt. Meist leidet er sehr und ist geblendet, dass er es nicht mitbekommt, dass da wieder jemand ist, der genauso fühlt wie er – in diesen Momenten hilft es, einige Zeit darüber nachzudenken bis man selbst weiß, dass man wieder bereit ist, eine neue Freundschaft zu schließen, die einen glücklich macht. Es gibt immer irgendwo jemanden, der auch einsam ist und für den man da sein kann.
Meinungen der Leser
Die folgenden Kommentare sind original, geschützt und daher auch ohne Namen. Aber sie sind echt - das garantiere ich